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Kulinarik und Mittelalter?

Wie in vielen anderen Bereichen überrascht das Mittelalter auch in Bezug auf  Nahrung, Ernährung und Diätetik mit einer bunten, unüberschaubaren und noch weitgehend unerforschten Vielfalt. Der Verein Kulima – Kulinarisches Mittelalter an der Universität Graz, beheimatet an der Karl-Franzens-Universität Graz, hat es sich zum Ziel gesetzt, hier aktiv forschend und handelnd tätig zu werden: Unsere Arbeit mit dem überlieferten Material geht dabei weit über die klassische germanistisch-mediävistische Beschäftigung mit Texten hinaus, da aussagekräftige Ergebnisse nur unter Einbeziehung realhistorischer, volks- und realienkundlicher Fakten erzielt werden können.

Unsere Arbeit baut auf drei sich ergänzenden Teilgebieten auf:

  • Textarbeit: Ausgehend von historischen Kochbuchtexten und der entsprechenden Forschungsliteratur ist es uns ein Anliegen, historische Rezepte für moderne Benutzung aufzubereiten und entsprechend kommentiert (allerdings nur innerhalb der Gruppe) zur Verfügung zu stellen. Die Rezepte stellen die Grundlage für diverse Verkostungen und Workshops dar, die wir im Rahmen unserer Öffentlichkeitsarbeit anbieten. ( → Fotos)
  • Realienkunde: Ohne fundiertes Wissen über die soziale und materielle Kultur des Mittelalters ist eine adäquate Aufarbeitung des überlieferten Textmaterials nicht möglich, allein das Wissen um die richtigen Zutaten (Bohne ist nicht gleich Bohne, was ist eine ‘Hausenblase’ und wozu braucht man sie?) entscheidet über das Gelingen einer Rezeptausarbeitung. Außerdem bildet dieses Wissen um Fakten und deren Zusammenhänge neben der materiellen die ‘geistige Nahrung’ unserer öffentlichen Auftritte. (→ Literatur)
  • Öffentlichkeitsarbeit: Gerne stellen wir uns, unser Wissen und unsere Speisen im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen  zur Verfügung.  (→ Kontakt)

Ist Ihr Interesse geweckt? Wenn Sie unserem Verein beitreten (ordentliches Mitglied) oder ihn finanziell unterstützen (außerordentliches Mitglied) möchten, senden Sie uns bitte die Beitrittserklärung per Fax, Brief oder Email zu.

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Vortragsreihe: Historische Kulinarik im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

AVISO für MAI 2022

Kochen und Essen als Teil der Gesundheitslehre im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

Historische Kulinarik und Traditionelle Europäische Medizin (TEM)

Nicht nur die Liebe geht durch den Magen. Schon in der Antike, – über vielfältige Vermittlungswege – im europäischen Mittelalter und in der frühen Neuzeit war den Menschen bewusst, dass die Ernährung ein ganz wesentlicher Baustein für ihre individuelle Gesundheit darstellt.

Diesen Zusammenhängen von Gesundheitslehre und historischer Kulinarik soll in dieser Vorlesung nachgegangen werden. Theoretische Aufrisse schaffen die Grundlagen, zeitgenössische schriftliche Quellen und Bildmaterial bilden die Brücke zur gelebten historischen Praxis.

VO1: … zur Einstimmung: a) Grundlagen der historischen Kulinarik – ein kurzer Aufriss + b) Grundlagen der mittelalterlichen Gesundheitslehre und ihre Reflexe in der TEM

VO 2: Hildegard von Bingen und ihre „Gesundheitsküche“

VO 3: … und würz es gut: Gewürze als wesentlicher Bestandteil historischer Rezepte und ihr Stellenwert in der Säftelehre (Humoralmedizin)

VO 4: Vom Braten bis zur Sauce – auf das Temperament kommt es an: „angewandte Humoralmedizin“ in Texten der historischen Kulinarik

Kursnummer F108
Termine  

VO1: Mittwoch, 4.5.2022, 17:15 bis 18:45 Uhr

VO2: Mittwoch, 11.5.2022, 17:15 bis 18:45 Uhr

VO3: Mittwoch, 18.5.2022, 17:15 bis 18:45 Uhr

VO4: Mittwoch, 25.5. 2022, 17:15 bis 18:45 Uhr

Kursgebühr  

Gebühr für Mitglieder der Urania: 37,00 €
Gebühr für Nichtmitglieder: 48,00 €

Dauer 4 Abende
Kursleitung  

Mag. Dr. Karin Kranich
karinkranich.at

Kursort
U-Kursraum 05
 Burggasse 4/I, Graz
ODER (wenn es nicht anders geht) online
zur Anmeldung: Urania Graz, Kurs F108

Vortrag: Huhn statt Hering? Skandinavische Kochbücher des Mittelalters und der Frühen Neuzeit

Jens Eike Schnall (Assoc. Prof., Universität Bergen, Norwegen)

Der mittelalterliche Norden zeichnet sich keineswegs durch eine so reiche Rezepttradition aus wie beispielsweise der deutsche Sprachraum. Nur drei Handschriften mit Kochrezepten sind bekannt, zwei dänische und eine isländische — diese aber haben es in sich. Es handelt sich um eine der ältesten volkssprachlichen Rezeptsammlungen des Mittelalters, welche mit dem Werk des dänischen Arztes Henrik Harpestreng verbunden ist.

Der Vortrag stellt diese Handschriften und ihre Rezepte vor und spannt unter Beiziehung weiterer Werke einen Bogen bis zum ersten gedruckten Kochbuch Skandinaviens, dem dänischen Koge Bog von 1616.

Die Veranstaltung findet via Zoom statt. Bitte kontaktieren Sie uns über recipesworkshop@gmail.com, damit wir Ihnen den entsprechenden Zoom-Link zusenden können.

Der Vortrag wird aus den hanseatischen Koch- und Speiseräumen der Dt. Brücke gehalten.

https://hanseatiskemuseum.museumvest.no/deutsch/unsere-ausstellungen/

pb_28495_schFoto © Per Bækken

 

Wie man es schafft, einen Fisch am Spieß am Kopf und am Schwanz zu braten und in der Mitte zu dämpfen …

Im Wintersemester 2018 haben die Teilnehmerinnen des Joint Master’s Degree Seminar-Moduls zur ‚Vermittlung mediävistischer Forschung‘ (geleitet von Andrea Hofmeister und Helmut W. Klug) ein kleines Projekt zu kulinarhistorischen Texten durchgeführt, das u.a. Einblicke in regionale Ernährung und gehobene Gastfreundschaft im Spätmittelalter gewährte. Im germanistischen Fachseminar wurden mittelalterliche Kochrezepttexte aus der reichen deutschsprachigen Überlieferung ausfindig gemacht, philologisch erschlossen und interpretiert, die zu jenen Speisennennungen bzw. -beschreibungen passen könnten, die Paolo Santonino, der Privatsekretär des Patriarchen von Aquileia, als Begleiter des Bischofs von Udine auf insgesamt drei Visitationsreisen 1485‒1487 im Raum Osttirol, Kärnten und der ehemaligen Untersteiermark in seinem lateinischen Reisetagebuch vermerkt hat. Neben anderen Daten und Fakten waren zuvor insbesondere die besagten Menüfolgen aus dieser minutiösen Dokumentation im Praktikum ‚Datenverarbeitung im Kontext einer Digitalen Edition‘ annotiert und für eine interaktive Webpräsentation vorbereitet worden. (more…)